GESCHICHTE
Der Ortsname Autz, lettisch Aucis oder Auce, war bereits in der Zeit vor Livland bekannt. Im livländischen Ordensstaat wurde Neu-Autz ca. 150 Jahre lang Klein-Autz genannt. 1518 wurde dieses Gebiet vom livländischen Ordensmeister Plettenberg zu Lehen an Johann Koskull gegeben. Von 1575 bis 1671 befand sich Neu-Autz im Besitz des Herzogshauses Kettler. Herzog Wilhelm gründete 1612 eine Gemeinde und baute eine gemauerte Kirche. Herzog Jakob führte wieder den Namen Neu-Autz ein, seine ehrgeizigen wirtschaftlichen Aktivitäten sind auch an Neu-Autz nicht vorbeigegangen – hier wurden ein Glasbrennofen und eine Salzsiederei betrieben.
1804 wurde den Gutshof Neu-Autz von Graf Karl von Medem (1762-1827) erworben, eines der einflussreichsten Mitglieder des Adelsgeschlechts Medem im Herzogtum Kurland, der Sohn von Johann Friedrich Reichsgraf von Medem. Karl von Medem gehörten die Gutshöfe von Remten, Weesahten, Kappeln und mehrere kleinere Höfe, er war kurländischer Landesbevollmächtigter, Kavalier sämtlicher höchsten Orden des Russischen Reichs. Karls Schwester Dorothea von Medem war die Ehefrau des letzten kurländischen Herzogs Peter.
Nach dem Übergang des Gutshofs Neu-Autz in den Besitz des Geschlechts von Medem begann dessen Blütezeit. Es wurden umfangreiche Bauarbeiten von Wirtschaftsgebäuden durchgeführt. Am 12. Juni 1815 schenkten Graf Karl von Medem und seine Frau ihrer Tochter Karoline, die mit dem Besitzer des Guts, Ferdinand von Ropp, verheiratet war, 1.333 Rubel für den Bau eines neuen Herrenhauses.
Gemeinsam mit seinem Bruder Theodor bereiste Baron Ferdinand von Ropp von 1801 bis 1805 Westeuropa, nahm an der Expedition zum Gipfel von Montblanc teil, besuchte Künstlerwerkstätten und bestellte beim damals noch sehr jungen Bildhauer Thorvaldsen in Rom acht Marmorbüsten, die im prächtigen Kuppelsaal des neugebauten Schlosses von Neu-Autz aufgestellt wurden.
Nach dem Tod des Grafen von Medem wurde der Gutshof gemäß dem Testament von seiner Tochter Karoline und ihrem Ehemann Ferdinand geerbt. Nach dem Ableben von Ferdinand 1844 bewirtschaftete seine Witwe Karoline noch acht Jahre lang das Gut, das sie danach ihrem Sohn Theodor von Ropp (1823-1915) vererbte. 1864 ließ er die Kirchenkneipe abreißen, an dessen Stelle wurde mit finanziellen Mitteln des Barons und der Gemeinde ein neues Schulgebäude gebaut, welches am 14. November 1865 eröffnet wurde.
1903 wurde die Inneneinrichtung des Schlosses vom Architekten Max Alex von der Ropp erneuert. Der letzte Besitzer des Guts war Theodors 1864 geborener Sohn Karl von Ropp. Ihm wurde das Gut im Zuge der Agrarreform 1920 enteignet. Zu der Zeit verfügte der Gutshof über 2.761 ha Land. Karl von Ropp wurde der alte Gutshof Ahsen zugeteilt.
Joachim von Ropp, Karls Sohn und Offizier der Zarenarmee, nahm an den lettischen Befreiungskämpfen teil, wofür ihm 59,34 Lofstellen Land zugeteilt wurden, die er an Fricis Slūtiņš verpachtete. Er selbst wohnte in Mitau. Nach seiner Übersiedlung nach Deutschland verzichtete er nicht auf seine lettische Staatsangehörigkeit und gab auch seine Vermögenswerte in Lettland nicht auf. 1930 gründete er in Deutschland den Familienverband von der Ropp und leitete ihn bis 1978.
Gutsbesitzer von Neu-Autz
Johann Koskull 1518 – ?
Gotthard Kettler (Herzog) 1575–1587
Friedrich und Wilhelm Kettler (Herzöge)1587–1642
Jakob Kettler (Herzog) 1642–1671
Bernhard Heinrich von Hauff 1671–1681
Christoph Ernst von Nolde 1681–1713
Friedrich Kasimir von Korff 1713–1736
Johann Ernst von Baer 1736–1765
Carl Ferdinand von Orgies – Rutenberg 1765–1804
Karl Johann Graf von Medem 1804–1827
Ferdinand von der Ropp 1827–1844
Karoline von der Ropp 1844–1852
Theodor von der Ropp 1852–1915
Karl von der Ropp 1915–1920
1922-1926 Das Landwirtschaftsministerium verpachtet das Zentrum des Guts Neu-Autz mit Schloss an den Lettischen Jugendverband (Latvijas Jaunatnes savienība). Das Ziel war die Einrichtung des Sanatoriums für mindestens 20 bedürftige Jugendliche. 1926 wird der Pachtvertrag aufgrund schlechter Bewirtschaftung gekündigt. Die Gebäude werden der Kommune Jaunauce zugeteilt, das Land wird in neue landwirtschaftliche Güter aufgeteilt.
1926-1930 In Schlossräumlichkeiten sind eine Apotheke, ein Arzt, eine Hebamme tätig.
1930-2009. Da das vorhandene Schulgebäude für die Kommune Jaunauce bereits zu klein ist, wird die Schule ins Schloss umgesiedelt. Es werden keinerlei Umbauten vorgenommen, um das Gebäude an die Bedürfnisse der Schule anzupassen. Nach dem Zweiten Weltkrieg werden zur Erweiterung aufgrund der zunehmenden Schülerzahl in zwei Räumen die Zwischenwände eingerissen. Im Laufe der Zeit häufen sich im Inneren die verschiedenen Schichten der Schönheitsreparaturen der Sowjetzeit. Da im Schloss keine Umbauarbeiten durchgeführt werden, ist die Inneneinrichtung bis heute gut erhalten. In den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts begann die Schulgemeinschaft, das Gebäude und den Park als ein Objekt des kulturhistorischen Erbes zu betrachten, seine Einzigartigkeit zu schätzen. Von Schülern, Eltern und in der lokalen Gesellschaft werden der Geschichte und Inneneinrichtung des Schlosses ein respektvoller Umgang entgegengebracht. Das Konzept der Sanierungsarbeiten und der Einrichtung der Räumlichkeiten ändern sich – betont wird die historische Inneneinrichtung. Die Schule Jaunauce tritt 2000 dem Verband der lettischen Schlösser und Landgüter bei und öffnet in Sommermonaten ihre Türen für Touristen Die Forschungs- und Restaurierungsarbeiten im Schloss werden aufgenommen – das Ziegeldach wird erneuert, die Restaurierung des Kuppelsaals begonnen. Das Projekt für die Rekonstruktion des Schlossparks wird erstellt und dessen Durchführung eingeleitet. Seit 2002 ist im Schloss die evangelische Gemeinde von Jaunauce tätig.
2009 schließt die Kommunalverwaltung des Bezirks Saldus die Schule. Die Instandhaltungskosten des Schlosses werden von der vereinigten Kommunalverwaltung der Kommunen Jaunauce und Ruba übernommen. Dank dem Wirken des Vereins „Wir für Jaunauce“ finden im Schloss kulturelle und mit lebenslangem Lernen verbundene Veranstaltungen statt, die Restaurierungsarbeiten im Schloss werden fortgesetzt. Die Finanzierung wird projektbezogen vom Verein akquiriert Das Schloss ist ein kulturtouristisches Objekt.


Architektur
Die Schlossanlage von Neu-Autz steht als Baudenkmal des 19. Jahrhunderts unter staatlichem Denkmalschutz. Bis heute sind 12 Gebäude und ein Park erhalten.
Das schönste Gebäude der Anlage ist das Herrenhaus bzw. das Schloss. Der Architekturstil: Spätklassizismus, Empire. Der Architekt ist nicht bekannt.
In der Zeitschrift des Lettischen Historischen Instituts (1995, Nr. 1) beschreibt das korrespondierende Mitglied der Lettischen Akademie für Wissenschaften Dr. arch. Jānis Zilgalvis in seinem Aufsatz „Klassizismus in der Architektur der lettischen Landgüter“ (Latvijas muižu klasicisma arhitektūra) die Architektur des Schlosses Neu-Autz wie folgt:
„…Durchaus ungewöhnlich sind die antiken Formen auch beim Bau des Schlosses Neu-Autz interpretiert. Das ausdrucksvolle Erscheinungsbild des Schlosses Neu-Autz ist durch andere Mittel als gewöhnlich erzielt. Die Gesamtkomposition anderer Schlösser und Herrenhäuser ist vergleichsweise einfach, die Längsfassade bildet den Hintergrund für Säulenhalle und den Ort zur Verlegung von dekorativen Elementen. In Neu-Autz dagegen ist ein Spiel im Gesamtbau zu erkennen, natürlich nach den Regeln des Klassizismus. Die Längsfassaden sind mit drei Risaliten, die Endfassaden mit Mezzaninen aufgelockert. Diese für ein klassizistisches Schloss durchaus komplizierte Gesamtkomposition wird von einer dynamischen Spannung durchströmt. Der Architekt hat weniger an die Offenbarung der ewigen Schönheit der antiken Formen gedacht, sondern vielmehr sich der Plastik und dem Malerischen zugewandt. Man muss sagen, dass die Arbeit mit einer sicheren, einer übermütigen Hand gemacht wurde. Dies ist nicht nur in der Anordnung des Gebäudekomplexes, sondern auch in den Details der Fassade mit den halbkreisförmigen Fenstern und der Nische des zentralen Risalits auf der Hofseite.
Der Museumsdirektor des Schlosses Ruhenthal, Imants Lancmanis, über das Schloss Neu-Autz:
* Die einzige in Lettland im unberührten Zustand erhaltene Anlage der Inneneinrichtungen aus dem Spätklassizismus.
* Das einzige authentische Kuppelgemälde des Klassizismus in Lettland.
* Die größte Sammlung von Öfen aus dem ersten Viertel des 19. Jahrhunderts (sieben Öfen).
* In den meisten Räumen ist unter der Farbschicht das Originalparkett erhalten.